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SCHAUWERK - BLACK BOX ALS PLATTFORM FÃœR AKTIONEN

SCHAUWERK - BLACK BOX AS PLATFORM FOR ACTIVITIES

Das Schauwerk versammelt eine wachsende Anzahl von Umschlägen, Schachteln, Kartons, Koffern, in denen bis Anfang 2007 über 120 KünstlerInnen ihre Projekte, Porträts und Relikte von Aktionen an René Schmalz ausgehändigt haben. Alle Pakete wurden von ihm in die Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden gebracht.

Schauwerk - Black Box is a growing collection of envelopes, cases, boxes, suitcases and other containers of more than 120 artists, who handed their projects, portraits and relics of performances over to René Schmalz.

BLACK BOXES ALS ZEITKAPSELN

Das in den Boxen niedergelegte Material umfasst Skizzen, Skripte, Fotos, Filme, Kleidungsstücke, Modelle, Zeitungsausschnitte und elektronische Speichermedien. Dieses Arsenal erlaubt Einblicke in Werke und ihre Entstehung, in einzelne Schaffensphasen, und es magaziniert Relikte und Rekords von Performances. Die Tatsache, dass die Sammlung Verpackungen und Gefäße enthält, in denen die KünstlerInnen ihre Relikte und Materialien gesammelt und übergeben haben, gibt ihr ein Alleinstellungsmerkmal. Wie die Sammlungsstücke selbst trägt auch ihre Aufbewahrung und Speicherung eine persönliche Handschrift. Die von den KünstlerInnen gewählte Versand- und Aufbewahrungsform stellt sicher, dass die Dinge auch nach der Zeit ihrer Entstehung bzw. einer Aktion Bestand haben. Hier ist der Begriff Zeitkapsel (1) angemessen. Zeitkapseln stellen ein bedeutendes Zeugnis der Zeitgeschichte dar. Gleichwohl ist nicht daran gedacht, die Materialien im Magazin zu versenken, denn die Aufbewahrung stellt dem ausdrücklichen Wunsch des Initiators René Schmalz gemäß eine Aktionsplattform dar. Vom Aufbewahrungsort aus werden Veranstaltungen initiiert und organisiert, die dazu auffordern, mit dem Material weiterzuarbeiten.

BLACK BOXES AS TIME CAPSULES

The boxes contain sketches, scripts, references, photographic prints, movies, clothes, models, lense-based and acoustic media. They provide a whole battery of insights in works and geneses of production. And it is not only that relics and records are stored but they are kept in the wrappings and containers, which were chosen by the artists to collect their matter, and donate or mail it to René Schmalz. It makes evident that the forwarding and storing of items of artistic relevance can be seen as artwork, which here marks the singularity of the collection. It seems that the term time capsule (2) is appropriate, as each of the packages can be seen as an important testimony of its time. However there is no intention to hide items of the collection, as according to the explicit wish of René Schmalz the collection will be a base and platform of events, actions and enterprises to encourage audiences and artists to work out the ideas and other potential, which are inherent in the provided material.

RAUMZEITLICHE PRÄSENZ DURCH HÖRPORTRÄTS

Um die Zeitdimension der Objekte zu verstärken, hat René Schmalz die KünstlerInnen veranlasst, über sich und ihre Werke zu sprechen. Mit den aufgezeichneten Kommentaren, Erzählungen, Erläuterungen oder Monologen fließt eine zeitliche Dimension ein, die man filmsprachlich als Nachvertonung bezeichnen könnte. Damit befinden sich auch die KünstlerInnen wie gewöhnlich die ZuschauerInnen in einer nachträglichen Position gegenüber dem ursprünglichen Werk. Das heißt: Alle Beteiligten sind aufgefordert, ein betreffendes Werk zu aktualisieren und es weiterzudenken, womit eine Präsenz hergestellt wird. In diesem Sinne liegt der Wert der Sammlung nicht allein in ihrem historischen Potential zu einem Zeitpunkt X, sondern das Streben geht dahin, das Schauwerk in seinem lebendigen Charakter wahrzunehmen und es aktiv weiterzuentwickeln.

AUDIO PORTRAITS INTRODUCE TIME

To promote the dimension of time René Schmalz requested the artists to talk about their work. Giving comments, narrations, monologues and explanations on their work in the collection, it is like adding a soundtrack to a movie. By doing so afterwards the artists are in a similar position towards their work as their audiences. This supplementary position toward a piece of art which is already done, means that everybody has to actualise a work and make it present by his or her own effort of development. This shows that the value of the collection does not lay in its historic potential alone but is a future task also. Everybody who uses the collection will add new life by creating his or her present tense.

SCHAUWERK MOBIL

Durch den aktiven Umgang mit den Paketen übernimmt das Schauwerk im ganz besondern Maße die Verantwortung dafür, dem Gedächtnis der Kunst und der Performance zu dienen. Medien und Relikte ermöglichen im besonderen Maße, dass das Schauwerk selbst einen performativen Charakter annimmt. So haben Initiativen wie «Black Box», durch welche die vorhandenen Medien im Kino als Vorfilme eingesetzt werden, das Feld schon sondiert. In Zukunft werden Teile der Sammlung in Schauwerk-Kästen des Designers Urs Bürki präsentiert, in denen einzelne Beiträge auf Reisen gehen können. Die Kombination der Objekte mit den Hörporträts lässt die KünstlerInnen selbst zu Wort kommen und erlaubt es, die Benutzung der Objekte im Lesesaal der Kantonsbibliothek oder den Besuch von Veranstaltungen und Ausstellungen als raum-zeitliche Zusammenhänge zu erleben, was einen performativen Charakter der Objekte erzeugt.

A MOBILE THING

Dealing actively with the packages the Schauwerk takes over a high responsibility of being a memory of art making and Performance Art. Media and relics allow the Schauwerk to take over a performative character itself. Former initiatives like «Black-Box» in the cinema have already verified possibilities by regularly showing movies and videos as supporting film in a cinema. In the near future parts of the collection will be available in Schauwerk-Boxes designed by Urs Bürki during exhibitions and events. A combination of objects and audioportraits allow artists to speak and to be present when single boxes are used in the reading room. The time frame generated by this will engender their performative presence.


(1) Andy Warhol hat die Kartons, in denen er die Residua seines Lebens gesammelt und eingeschlossen hat, Time Capsules genannt. Ausstellung im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main 2003 - 2004.

(2) Andy Warhol named cardboard boxes, in which he had collected and enclosed the residua of his life and work, Time Capsules. Andy Warhol's Time Capsule 21. Exhibition catalogue The Andy Warhol Museum, Pittsburgh and Museum für Moderne Kunst, Frankfurt/Main 2003 - 2004.


Johannes Lothar Schröder, Kunsthistoriker, Hamburg
Text and translation by Johannes Lothar Schröder, Hamburg

14.07.2009




www.schauwerk-blackbox.ch